Einfach nur klein...

Lokalpolitik

Persönliches Statement des 1. Vorsitzenden Sebastian Rüthlein (Marktgemeinderat) zu den Anschuldigungen der 1. Bürgermeisterin gegen den Marktgemeinderat.
Mit Anmerkung vom 3.2.2012.

Wiedereinmal musste ich als Marktgemeinderat erleben, wie irrational und emotionsgeleitet unsere Bürgermeisterin Anita Feuerbach sein kann.

Vorgeschichte

Der TOP zur Genehmigung eines vergünstigten Leasing-Angebots für Bürgermeister für einen Privat-PKW von Frau Feuerbach stand bereits auf der Tagesordnung vom 10.1.2012. Er war zunächst in der nichtöffentlichen Sitzung angesiedelt, obwohl nichtmal konkrete Angebote genannt wurden, sondern allein die Tatsache zur Debatte stand, ob die Marktgemeinde einen Dienstwagen zu vergünstigten Konditionen least, der von der Bürgermeisterin finanziert und privat genutzt wird. Die Nichtöffentlichkeit wäre ein klarer Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz gewesen. Und so nahm der Marktgemeinderat seine Pflicht gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern wahr das Thema öffentlich zu behandeln. Später sollte es die Bürgermeisterin sein, die dem Gremium einen Verstoß gegen die Gemeindeordnung nachsagte...
Nach sehr ausführlicher Debatte kam man, bei einer zur Stimmenthaltung den Saal verlassenden Kollegin, mit 10:4 Stimmen zum Beschluss, dass es für die Marktgemeinde und die Zeller Bürgerinnen und Bürger nicht förderlich ist, den Aufwand und die Risiken auf sich zu nehmen, um der Bürgermeisterin einen privaten Vorteil zu verschaffen.

Meine persönlichen Gründe waren:

1. Die Marktgemeinde würde der Bürgermeisterin einen privaten Vorteil aufgrund ihres Amtes verschaffen, während die gleiche Marktgemeinde es über den TVöD den Angestellten verbietet solche Vorteile anzunehmen.
Verkehrte Welt! Vor allem wenn man bedenkt, dass die Bürgermeisterin die Vorgesetzte dieser Angestellten ist und darüber hinaus durch die ihr vom Volk übertragene Macht eine besondere Verantwortung und Vorbildfunktion hat.

2. Der bayerische Gemeindetag beurteilt dieses Modell des Dienstwagens zum privaten Finanzvorteil als "nicht vorgesehen" im Rahmen des Dienstwagenprogramms.

3. Durch den Leasing-Vertrag des Unimogs für den Bauhof ist erheblicher Aufwand in der Kämmerei entstanden, wie sich mehrfach in den Finanzausschuss-Sitzungen gezeigt hat. Auch blieb in der Sitzung absolut ungeklärt, was bei einem Schadensfall passiert (Wer übernimmt die Wertminderung?).

4. Das Thema war extrem schlecht vorbereitet. Es lagen keine der wichtigen Informationen vor. Die Bürgermeisterin verlangte, dass der Gemeinderat über einen Dienstwagen abstimmte, ohne das Angebot zu kennen, ohne einen Vertragsentwurf für die Refinanzierung zu haben. Der Marktgemeinderat sollte ein ihm nichtmal bekanntes Automodell als Dienstwagen abnicken ohne Mitsprache zu haben - und das in Zeiten, wo man mit Nachhaltigkeit, CO2-Emissionen und innovativen Technologien als Kommune beispielhaft vorangehen sollte.

5. Vorteilsnahme? Ich bin kein Jurist, sondern Bürgervertreter. Es hat sich noch kein Gericht mit diesem, doch vereinzelt praktizierten Modell auseinandergesetzt. Im §331, StGB heißt es:
Ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Als Laie frage ich: Ist die Bürgermeisterin kein Amtsträger? Erhält sie den Vorteil (Rabatt auf das Leasing) nicht nur, weil sie Amtsträgerin ist? Mache ich mich mitschuldig, wenn mit meiner Stimme die Marktgemeinde zwischengeschaltet wird, damit der Vorteil nun "Dienstwagen" heißt? Für ethisch halte ich das unvertretbar. Wie es strafrechtlich ist, mag ich nicht zu beurteilen, aber ich sehe wichtige offene Fragen.

Doch selbst auf direkte Anfrage vom Fraktionssprecher der CSU/Freie Zeller Bürger Ralf Geisler, den Antrag zurückzuziehen, entgegnete Feuerbach mit Ablehnung.

Angesichts dieser Beratungsergebnisse, bei der mehr Fragen aufgeworfen, als beantwortet wurden und wichtige Bedenken nicht ausgeräumt werden konnten, war für mich klar, dass ich dem Ansinnen nicht zustimmen können werde. Mit mir sahen elf Marktgemeinderäte eine Zustimmung als die falsche Entscheidung (Sitzverteilung: CSU:8, SPD: 5, FW: 4).

Nachspiel

Ich finde es bedauerlich und unfair, dass die Bürgermeisterin im Nachgang zu dieser sachlich soliden und vor allem demokratisch zu akzeptierenden Entscheidung mir und auch meinen Kollegen beleidigende Äußerungen entgegenhält.
Folgende Eigenschaften wurden uns unter anderem bescheinigt:
Absicht, der Bürgermeisterin Schaden zufügen zu wollen
neidische, missgünstige Absicht
bösartige, gehässige Absicht
boshafte Absicht

Darüber hinaus stellte Frau Feuerbach den Ehrensold des Zweiten und Dritten Bürgermeisters in Frage (als Vergleich zur Infragestellung eines Privatrabatts durch den Marktgeminderat).
Dass man sich als Angesprochener nicht länger als Bürgermeistervertreter geschätzt und unterstützt fühlt, liegt auf der Hand. Es ist daher verständlich, aber zutiefst bedauerlich, wenn der Dritte Bürgermeister Bernd Jordan aus diesem Grund seinen Hut nimmt.
Dies ist der wohl schwerste Schaden für die Bürgerinnen und Bürger von Zell, den Frau Feuerbach durch ihren Ausfall in der vergangenen Sitzung verursacht hat.
Es handelte sich dabei leider nicht um eine kurze Entgleisung, auf die darauf eine Entschuldigung folgte. Nein: Wohlüberlegt und schriftlich verfasst hat sie uns Marktgemeinderäte am vergangenen Dienstag beleidigt und auch das Angebot einer Entschuldigung nicht wahrgenommen. Durch keine Handlung, erst Recht durch kein Abstimmungsverhalten hat irgend ein Marktgemeinderat in Zell diese Behandlung verdient.

Anmerkung (3.2.2012):
Im aktuellen Mainpost "Standpunkt" ist zu lesen, Frau Feuerbach würde von der SPD in die Nähe der Bestechlichkeit gerückt.
Ich will hiermit klarstellen, dass es
in meinem persönlichen Statement nicht meine Absicht war oder ist, Frau Feuerbach Bestechlichkeit zu unterstellen.
Im Punkt 5 stelle ich fest, dass kein Gericht sich bisher zu dieser Praxis geäußert hat. Auch das LRA hat keine Prüfung durchgeführt.
Ich zitiere den §331 und frage, warum man damit kein Problem kriegt. Jeder "normale" Angestellte im öffentlichen Dienst würde es wohl kriegen.
Weiter halte ich fest, dass ich es für ethisch nicht vertretbar halte zuzustimmen, sollte es nur deshalb legal sein, weil die Gemeinde zwischengeschaltet ist.
Es liegt mir fern, den Bürgermeisterrabatt als Bestechung zu bezeichnen.
Ich halte es auch nicht für Bestechung dem Müllmann zu Weihnachten ein Geldpräsent zu machen oder dem Praktikumslehrer zum Semesterende ein Geschenk zu überreichen.
Fünf Euro für den Stadtbediensteten oder ein Bocksbeutel für den Lehrer sind verboten. Mehrere hundert Euro für den Bürgermeister sind hingegen gängige Praxis? Das hat nichts mit Bestechlichkeit zu tun, das ist einfach eine Frage der Gerechtigkeit.

 
 

WebsoziCMS 3.9.9 - 255482 -